Über die Siedlung „Hamburg Bau 78“ ist in den letzten Monaten in der Hamburger Presse viel geschrieben worden - überwiegend aufgeregt. Der Grund: nach 44 Jahren ist die Siedlung mit 221 Häusern komplett unter Denkmalschutz gestellt worden. Die Eigentümer wurden im September 2022 postalisch von der Denkmalschutzbehörde darüber informiert. Die daraus entstandene Verunsicherung nutzte die in der Opposition befindliche CDU um sich vor die, hier gar nicht so kleinen, Bürger zu stellen. Der Fraktionsvorsitzende des Bezirks spricht von einer Teilenteignung durch die Unterschutzstellung der Siedlung. Diese Aussage ist allerdings reichlich übertrieben, wenn nicht sogar populistisch.
Wer durch die Siedlung läuft stellt schnell fest, dass es ganz unterschiedliche Haustypen gibt. Vom freistehenden Einfamilienhaus bis zum dreigeschossigen Reihenhaus, vom Pultdach bis zum Flachdach ist alles dabei. Manchmal banal aber häufig auch genial.
Das Viertel ist von einer idyllischen, an einigen Stellen fast schon dörflichen Struktur bestimmt, die für eindeutig für eine autogerechte Stadt erbaut wurde. Das zeigt sich, wenn man vergeblich versucht sein Fahrrad irgendwo anzuschließen. Neben den Straßen gibt es aber ebenso häufig Fußwege die sich durch die Siedlung schlängeln. Mit diesen Querverbindungen sind kurze (Fuß)Wege durch die Häuserreihen möglich.
Genau diese Aspekte machen die Hamburg Bau 78 so interessant. Die Unterschutzstellung ist eine Würdigung der markanten und hochwertigen Architekturqualität. In der norddeutschen Tiefebene wird sich nirgendwo eine Siedlung finden in der nur Ansatzweise so viel Häusern von großen Architekturbüros wie Otto Steidle (Steidle Architekten), von Gerkan, Marg und Partner (GMP), Architektengruppe Planen und Bauen (APB) etc. auf einem Fleck stehen. Diese Konstellation ist übrigens das Ergebnis des damals erfolgreichen Eingreifens verschiedener Architektenverbände und Organisationen. Denn geplant waren anfangs nur Fertig- und Systemhäuser.
Als weitere Besonderheit kommt hinzu, dass der Quadratmeterpreis damals an die Anzahl der Kinder angepasst wurde. Damit konnten sich auch größere Familien ein Eigenheim leisten. Denn in den 1970er Jahren wanderten viele Familien in den umliegenden Speckgürtel ab. Stadtviertel wie Eppendorf und Eimsbüttel waren weit weniger schick als heute und deswegen vor allem für Familien wenig interessant. Das Projekt Hamburg Bau 78 sollte zeigen, dass attraktiver, familiengerechter Wohnungsbau auch in der Stadt möglich ist.
Dass die Hamburg Bau 78 unter Denkmalschutz gestellt wird war praktisch nur eine Frage der Zeit. Denn diese Häufung von Kriterien wie, verschiedenste Haustypen, hochwertige Entwürfe renommierter Architekt*innen und die Art der Vergabe, ist kein zweites Mal in einer Hamburger Siedlung anzutreffen.
Ein weiterer, interessanter Artikel zur Debatte über Hamburg Bau 78 steht beim Denkmalverein Hamburg online: www.denkmalverein.de
Architektur: von Gerkan, Marg und Partner (GMP), Architektengruppe Planen und Bauen (APB) und andere
Standort auf Map of Architecture ansehen: www.mapofarchitecture.com
Unsere Veröffentlichungen zum Tag des offenen Denkmals werden von der Stiftung Denkmalpflege unterstützt.
www.denkmalstiftung.de
Eine Übersicht aller Veranstaltungen in Hamburg finden sie hier (PDF)
Bauwerke prägen unsere Umwelt wie kaum etwas anderes. Doch welche klugen Köpfe stecken hinter den Gebäuden? Mit „Map of Architecture“ bringen wir hier Licht ins Dunkel. In Hamburg sind die Angaben von mehr als 12.000 Häusern verfügbar, in anderen Städten gibt es erste Einträge, z.B. in Kopenhagen.